Thursday, April 30, 2009

Zweite Ableitung eines Briefs aus der Ver­gangen­heit (III)

“Ich werde mich erinnern, wie alles sich so rasend drehte, in weniger als einer Woche, damals im April, mit wehendem, brennendem Herzen hinein ins Neue, in das Glück mit den Menschen”
—unbekannt

Konstanz – Berlin. Rückreise, Heimreise, auch. Bei Offenburg. Blick in die sonnengeflutete Kinzig-Ebene. Wie immer hier militant gutes Wetter, zu gut; der Frost in Konstanz heute morgen, der über allem lag, passte besser.

Stopp in Frankfurt am Main; McDonald’s Schnell­restaurant; Junkie huscht vorbei, dort—muss ja sein im Frank­furter Haupt­bahnhof; sodann Schmunzeln bei der Er­inner­ung an die neulich gelernte schöne Rede­wendung, oder Geste eher, vom “Frank­furter Applaus”; dann noch der Buch­laden, und die Wolken zogen sich wieder zu. Aus der einsetzenden sau­dum­men und selbst­gerechten Traurig– und Müdigkeit heraus Ab­feuern eines SMS-Haiku an G., in der irr­witzigen Idee, dass durch die Poesie hindurch sie doch die Einzige fast sein könnte, die mich hier, in diesem Modus, verstehen und annehmen kann. Sie konnte nicht, allem Anschein ihrer Antwort nach.

Das passt alles hervorragend zu den erhellenden Gedanken, die ich in Till Hubers Thesis zu 1979 und Hugo von Hofmannsthal las heute, vor Frankfurt noch: das Scheitern der ästhetischen Perspektive; die Unfähigkeit zu einer irgendwie gearteten, anderen Form des Umgangs mit der Welt; und so die Isolation. “Auf seiner Reise empfindet er Ekel vor der Faktizi­tät der Welt und so folgt auf den Versuch der Kontakt­aufnahme nur wieder eine Distanz­ierung” (p. 88), und “eine Kontakt­aufnahme zu seinen Mit­menschen kann keine unmittel­bare Kontakt­aufnahme sein, denn als Ästhet ist er gewohnt, Gefühle durch einen ästhetischen Code zu sub­limieren” (p. 82).

Rückreise, Heimreise auch, als wäre nichts passiert—dabei haben sich Riesen im Schlaf gewälzt, wurden Städte verpflanzt und Friedhöfe umgebettet.


Apologies to our readers who prefer our English posts.

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