Sunday, September 18, 2016

Und die Vergangenheit, sie war immer interessanter als die Gegenwart.


Was das Wort „The Departed“ im von der deutschen Essayistin Ingeborg Harms einmal eigener Auskunft nach nicht weniger als achtmal betrachteten und sodann furios in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung besprochenen, gleichnamigen Film von Martin Scorcese eigentlich bedeutet, habe ich erst viele Jahre später verstanden—„Die Toten“.
Und genauso heisst auch dieses neueste Buch des Ephemeralisten Christian Kracht. Kracht selbst erklärte erst jüngst dem lustigen, seine Herkunft aus der obskuren Gemeinde Berglen auch in Los Angeles nicht verleugnenden Dennis Scheck, die klassische Dramaturgie des japanischen Nō-Theaters habe ihm, Kracht, die Form gespendet, die sich in dieser Erzählung, den „Toten“, als ein langer, um nicht zu sagen langsamer, von Adjektiven ausgebremster erster Akt darstellt, in dem wir die beiden Protagonisten elliptisch umrunden; die eine wesentlich rasantere und lustigere, im Präsens gehaltene Schnitzeljagd folgen lässt; und die das Buch ausklingen lässt in einer eilig erzählten Serie von, nun, Nachhallen.
Diese sonischen Begrifflichkeiten sind nun wiederum kein müder Scherz im Rahmen der Referenz an ein Buch, das nebenbei auch dem sterbenden Stummfilm huldigt, sondern wollen nur meinen, dass es wie immer der Krachtsche Sound ist, der das Buch auf seinen schönsten Seiten so besonders macht und der den schönen Trick mit sich bringt, in der Leserin Erinnerungen an Nie Erlebtes zu formen—ganz so, wie ich selbst von „The Departed“ zwar jene Trailer-Sekunden mit „Gimme Shelter“, besagte Besprechung in der FAS, und den wunderbaren Titel mit so vielem verbinde, nur nicht mit dem Film selbst, den es vielleicht gar nicht gibt, oder meinethalben nie gegeben haben müsste.—Kaufen Sie dieses Buch, und geben Sie es nie wieder her.

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